2011/11/28

Ôsaka als zweites Tôkyô?

Sonntag gingen in Ôsaka die Bürgermeister-Wahl zu Ende und als erfolgreicher Sieger stellte sich der ehemalige Gouverneur Ôsakas, Hashimoto Toru (橋下徹, 42), heraus. 
  Aber es wurden an diesem Sonntag nicht nur neue Bürgermeisterwahlen durchgeführt, sondern auch ein neuer Gouverneur für die Präfektur Ôsaka wurde gewählt. Zum ersten Mal seit 40 Jahren wurden in der Region Doppel-Wahlen durchgeführt. Als Sieger der Gouverneurswahl ging Matsui Ichirô (松井一郎, 47) hervor, ein enger Vertrauter Hashimotos.

Haben gut lachen - Die Sieger der Doppelwahl: Hashimoto (links) und Matsui (rechts)
(Foto: Ônishi Takehiko, Mainichi Shinbun)
Hashimoto und Matsui sind Mitglieder der Osaka Restoration Association, einer lokalen Partei, und durch den Sieg der beiden werden wohl in Japan einige hitzige Debatten geführt werden. Denn Hashimoto, der ehemalige Gouverneur der Präfektur Ôsaka und  nun neuer Bürgermeister der Stadt Ôsaka, hat wohl aufgrund eines revolutionären Wahlversprechens gewonnen. Sein Slogan lautete "Wenn sich Ôsaka verändert, verändert sich auch Japans Zukunft!" (大阪が変われば、日本の未来が変わる)
 
Blick auf Ôsaka bei Nacht
(Foto: (c) fujimi-tea)
Aus mit der Präfektur Ôsaka (Ôsaka-fu) und der Stadt Ôsaka (Ôsaka-shi)! 
Hashimoto möchte das zweitgrößte Wirtschaftszentrum Japans in ein "neues Tôkyô" umwandeln. Die 47 Präfekturen Japans sind in den sogenannten todôfuken (都道府県) eingeteilt. Wobei nur die Metropolregion Tôkyô das "Privileg" des to (都) für sich beanspruchen kann. Die Präfektur Hokkaidô hat ihr Anhängsel bereits im Namen mit "" (道) versteckt und ist die einzige und letzte Präfektur, die ihr dô aus der alten Zeit behalten durfte. Die letzten zwei fu (府) sind Ôsaka und Kyôto. Alle anderen Präfekturen wurden in ken (県) umbenannt.

Lage der Stadt Ôsaka (violett) in der Präfektur Ôsaka (lila)
Quelle: Wikipedia

Und nun möchte Hashimoto bis 2015 aus einem fu ein to machen. Was würde das ändern? Abgesehen von der Adresse vieler Millionen Menschen, die in dieser neuen Ôsaka "Metropolregion" leben, würde eine landesweite Debatte über die Struktur der regionalen Regierungseinheiten Japans in Gang gesetzt werden und könnte die Strategien großen politischen Parteien bei der nächsten Repräsentantenhauswahlen im Juli 2013 beeinflussen.

Hashimoto, ein ehemaliger Anwalt, ist davon überzeugt, dass eine Umwandlung in "Ôsaka-to" die überlappende administrativen Aufgaben der Präfektur- und Stadt-Regierungen abschaffen und die kränkelnde lokale Wirtschaft gesunden lassen würde. Er verglich sein Vorhaben, eine Metropolregion Ôsaka ins Leben zu rufen sogar mit der Meiji-Restauration.
 Die Bezirke von Ôsaka-Stadt sollen in autonome Verwaltungsbezirke (特別自治区, tokubetsu jichi ku) nach Vorbild der 23 Bezirke Tôkyôs und die Präfektur Ôsaka (ôsaka-fu) soll wie im Falle Tôkyôs in Ôsaka-to umgewandelt werden. Dadurch soll der Verwaltungsapparat entlastet werden.
Hashimoto war jedoch die Unterstützung Ishihara Shintarôs (石原慎太郎, 79) sicher, welcher bereits seit 12 Jahren das Amt des Bürgermeisters von Tôkyô bekleidet und erst dieses Jahr wiedergewählt wurde. Ishihara, der extra nach Ôsaka angereist war, gratulierte Hashimoto auch bereits nach dem Wahlsieg. Ishihara nach würde ein unabhängigeres Ôsaka Tôkyô entlasten.

Im Vergleich dazu: Präfektur Tôkyô mit seinen 23 Bezirken (lila, dunkellila=Shinjuku), Städten (rosa) und Dörfern samt Inseln
(Quelle: Wikipedia)

Wahlverlierer Hiramatsu Kunio (links)
(Quelle: AWJ - Takaharu Yagi)
 Sein politischer Gegner und Wahlverlierer Hiramatsu Kunio (平松邦夫, 63), ein ehemaliger Nachrichtensprecher, der für die Wiederwahl als unabhängiger Kandidat ins Rennen gegangen war, lehnte Hashimotos Vorschlag natürlich ab und betonte stattdessen, dass eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Präfektur- und Stadt-Regierungen das Problem des überlappenden Administrationsapparates lösen würde. Trotz Unterstützung der DPJ und dem regionalen Zweig der LDP und seinem Vorhaben, die Bürger Ôsakas zu "beschützen" konnte er die Wählerstimmen nicht für sich gewinnen. Da half es auch nicht, dass er im Wahlkampf Hashimotos administrativen Plan als "autokratisch" bezeichnete. Selbst die Kommunistische Partei Japans (KPJ) gab eine Wahlempfehlung für Hiramatsu, obwohl sie ihn zwar nicht 100%ig unterstützte, aber eine Wahl Hashimotos verhindern wollte.

Hashimoto, der von 2008 das Amt des Gouverneurs von Ôsaka bekleidete und dieses im Oktober 2011 drei Monate vor dem Ende seiner Amtsperiode niederlegte, um sich auf den Bürgermeisterwahlkampf vorbereiten zu können, möchte nicht nur die administrativen Strukturen in Ôsaka ändern, sondern plant auch stärkere politische Beteiligung in der Schulverwaltung (educational administration) was von regionalen pädagogischen Gruppen kritisiert wurde, da sie die Unabhängigkeit und Neutralität der Schulbildung in Gefahr sehen.
Gleich nach seinem Wahlsieg verkündete Hashimoto jedoch, dass er als neuer Bürgermeister Ôsakas einen Gesetzesentwurf zur Reform der Schulverwaltung bei der Stadtverwaltung einbringen wird.

Hiramatsus Amtzeit als Bürgermeister Ôsakas endet am 18. Dezember 2011, danach wird Hashimoto das Amt als neuer Bürgermeister Ôsakas antreten. 

Es bleibt abzuwarten, inwiefern Hashimoto es gelingen sollte, Ôsaka oder gar ganz Japan zu verändern. Bis jetzt fiel er mir eher durch populistische Sprüche, auf die an so manch einen bereits vom Himmel gefallenen österreichischen Politiker erinnern.

Dass Ôsaka tatsächlich das Zeug hat, so etwas wie das zweite Tôkyô bzw. die Ersatz-Hauptstadt Japans zu werden, zeigt jedoch - unabhänigig von Hashimotos Vorhaben - nicht nur die Wirtschaftsleistung dieser Region. In den Tagen, Wochen und Monaten nach dem Tohoku Erdbeben vom 11. März 2011 und dem Atomunfall in Fukushima siedelten eine Reihe von Botschaften, Vertretungen und ausländische Firmen nach Ôsaka ab und der internationale Flughafen Kansai diente als Drehscheibe für Aus- und Einreisende.

Die gestrige Bürgermeister- & Gouverneurswahls zeigt, dass es auch  "erfreulichere" Anlässe geben kann, Tôkyô den Rang ablaufen zu wollen. Auch sie werden bestimmt die Zukunft Japans beeinflussen - in welche Richtung jedoch, lässt sich natürlich nicht voraussagen.


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3 Kommentare:

  1. irgendwie war das wohl abzusehen, vor allem eben nach dem beben... die pläne sind ja schön und gut, aber ganz ehrlich, ich mag nicht, dass sich meine adresse deshalb ändert T.T man kann Osaka auch pushen ohne dass man das 府 in ein 県 umbenennt, oder? T.T

    freuen würds mich natürlich aber, wenn es irgendwann wieder direktflüge nach wien geben würde *_____*

    lg, claudia

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  2. ach ja, ich hab von den wahlgeschenksverteilern kein einziges mal taschentücher gekriegt! find ich voll gemein oder? könnte ja rein theoretisch sein, dass ich auch wahlrecht hätte oder? o.O

    claudia

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  3. in ein 都!
    ja ich verstehs auch net ganz. ok, osaka-shi wird zu speziellen bezirken. könnte man ja theoretisch so machen und fu fu sein lassen. aber mal schaun, ob er's wirklich verwirklichen kann!

    hashimoto ist ein rechtspopulist, die können gut große reden halten, aber der rest is fraglich. das wird sich bei ihm ja auch erst in zukunft weisen. (bis 2015 hat er sich ja mal selbst zeit gegeben, aber da is ja seine wahlperiode auch schon fast wieder zu ende!?)

    (und ja, theoretisch hättest du ein naturalisierter bürger japans sein können! btw, ich darf in 2 jahren bei den lokalwahlen in kawasaki legal teilnehmen ;P)

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