2012/01/09

Kyôto Special: Zu Neujahr im Kimono

Cremefarbener Furisode
mit blauen Chrysanthemen
Den ersten Schreinbesuch im neuen Jahr - auch hatsumôde genannt - hatten wir eigentlich schon in der Nacht des 1.1. in Tôkyô absolviert, als wir zum Anazawa Tenjinja gegangen sind. Prinzipiell kann man hatsumôde jedoch so oft machen, wie man möchte, also war nun hatsumôde in Kyôto angesagt.

Dafür hatte sich die Schwester meines Freundes etwas besonderes einfallen lassen - Kimono!
Ich hab zwar schon mal Yukata (浴衣) in Japan getragen, dünne (und günstige) Baumwollkimonos für den Sommer, aber einen echten Kimono hatte ich noch nie an, da erstens die Gelegenheit so etwas zu tragen fehlte und ich auch nicht wirklich einen besitze. Im Gegensatz zu einem normalen Yukata, den man schon um ca. 5,000 bis 8,000 Yen im Set (samt Obi 帯, dem Gürtel) in normalen Läden kurz vor der Yukata-Saison kaufen kann, kostet ein Kimono unmengen an Geld.  

Zwei schöne Damen im Kimono im Yasaka Jinja, Kyôto
Jedoch besitzt die Schwester meines Freundes irrsinnig viele Kimonos, da sie sowas recht gerne mag und hat mir auch ihre Kimono-Schatzkiste gezeigt. Unglaublich! Was da an tausenden und abertausenden von Euros in Stoffform in ihrem Kimono-Zimmer aufbewahrt ist! Beneidenswert. Sie macht seit kurzem auch japanischen Tanz, wobei natürlich die Gelegenheiten, einen schönen Kimono zu tragen, drastisch steigen. :P

Die Stationen des 3.1.2012:
1. Yasaka Jinja - 八坂神社
2. Noh-Theater im Kongô Nôgakudô - 金剛能楽堂
3. Higashiyama Jishô-ji/東山慈照寺 (Ginkaku-ji - 銀閣寺)
4. Philosophen Weg - 哲学の道
5. Sushi - 寿司

Station #1: Yasaka Jinja - 八坂神社
Noh-Vorführung im Yasaka Jinja, Kyôto
Da es jedoch irrsinnig lange dauert, einen Kimono anzuziehen, mussten wir schon um 6 Uhr aufstehen. Es hat dann doch länger als geplant gedauert, so dass wir erst um 9:30 beim Yasaka Jinja angekommen sind. Ab 9 Uhr gab es eine öffentliche Noh-Theater Aufführung in dem Schrein, die wir uns angesehen haben. 
  Wir konnten zwar nicht alles sehen, aber da nach dem Yasaka Jinja ein Besuch einer richtigen Noh-Aufführung am Plan stand, war der kurze Einblick in das japanische Noh-Theater bei dem Schrein ganz gut, um einen ersten Eindruck zu gewinnen.

KBS Radio -
Live Interview im Yasaka Jinja - Peinlich! XD
Als wir uns so die Noh-Aufführung im Yasaka Jinja angesehen haben, hat mich plötzlich eine junge Frau angesprochen. Es hat sich herausgestellt, dass sie vom KBS Radio, einem lokalen Radiosender Kyôtos ist und gerne ein Interview mit mir machen würde. Es war mir zwar peinlich, aber ich habe letztendlich zugesagt. Es war ein Live-Interview für die Radiosendung Osewa ni narimasu (お世話になります), die immer Montags bis Donnerstags von 10:00 bis 14:00 Uhr läuft. 

  Langer Rede kurzer Sinn - es war mir sehr peinlich auch mein Freund und seine Schwester wurden kurz interviewt bzw der Radiomoderator am anderen Ende der Leitung hatte auch Fragen an sie gestellt gehabt. Was die beiden sehr eingeschüchert hatte. So wurde die Schwester gefragt, ob sie den viele Kimonos besitzen würde. Ihre Antwort "Ja... ein paar halt.." 

Leider (Zum Glück!) hab ich im Internet keinen Mitschnitt des Interviews gefunden, aber ein "Beweisfoto" gibt es. Das ist auch gleich eine guter Anlass, ein wenig den Kimono zu inspizieren.

Station #2: Noh-Vorführung im Kongô Nôgakudô
Nach dem kurzen Ausflug in den Yasaka Jinja ging es weiter zur Noh-Vorstellung im Kongô Nôgakudô (金剛能楽堂). Eine Bekannte der Schwester stammt einer berühmten Noh-Familie und ihr jüngerer Bruder und Vater traten bei der Noh-Aufführung auf. Das Praktische daran: Es war gratis. Und zwar für alle, nicht nur für Bekannte der Familie. Eine Vorstellung im Noh-Theater zu besuchen ist - wie beinahe bei allen traditionellen Kulturveranstaltungen - in Japan recht kostspielig.

Vor dem Kongô Nôgakudô. Drinnen war es leider verboten, zu fotografieren
Die Vorführung dauerte nur eine Stunde und ich hab bei meinen Flyern auch einen Zettel auf Englisch mitbekommen, auf dem Noh-Stücke erklärt wurden. Das war ziemlich praktisch und wäre auch für Japaner auf Japanisch praktisch gewesen, wie meine Begleitung anmerkte. Es war meine erste Noh-Aufführung, die ich live gesehen habe. Einige Männer sitzen im Hintergrund und singen, vor ihnen tanzt ein Mann mit Fächer.
   Der erste Teil der Vorführung war für mich hypnotisch und meditativ, so dass ich ab und zu über die vorgetragenen Lieder und Tänze "meditierte". :P Nach der kurzen Pause gings weiter mit etwas lebhafteren Stücken, wo die tanzenden Männer mit den Fächern dann auch stampften und im Kreis sprangen. Das letzte Stück war etwas Besonderes, nehme ich an. Der Gesang der Männer wurde mit Trommeln und Flöte begleitet und der Sohn (bzw. der jüngere Bruder der Bekannten der Schwester meines Freundes *puh*) war sozusagen der Hauptdarsteller, er tanzte und sang und sah viel zu gut für einen Noh-Schauspieler aus. :P

Nach der Vorstellung wechselten wir noch ein paar Worte mit der älteren Schwester des zuletzt aufgetretenen Tänzers und dann ging es schon weiter zum Ginkaku-ji!


Station #3: Higashiyama Jishô-ji/東山慈照寺 (Ginkaku-ji - 銀閣寺)
Schrecklich! Hatsumôde und tatsächlich war das hatsu (初, zum ersten Mal) Element voll vertreten. Zum ersten Mal Kimono. Zum ersten Mal Radio-Interview (in Japan), zum ersten Mal Noh und dann noch zum ersten Mal zum Gingaku-ji, dem Silver Pavillon!

Der Silber Pavillon im Higashiyama Jishô-ji
Seinen "großen Bruder" den Kinkaku-ji (金閣寺), den Goldenen Pavillon, habe ich ja schon mehrfach besucht gehabt. Der Goldene Pavillon ist wirklich mit Blattgold überzogen und bietet einen gewaltigen Eindruck, wo hingegen der Silberne Pavillon nicht mit Silber überzogen ist und auch nicht funkelt, strahlt oder glänzt. Er ist jedoch für seinen schönen Garten berühmt, vor allem das grüne Moos und die Aussicht auf Kyôto Stadt. 

Haupthalle des Higashiyama Jishô-ji
Eigentlich heißt ja nur der Pavillon im Tempel Ginkaku-ji, der Name der gesamten Tempelanlage lautet Higashiyama Jishô-ji (東山慈照寺) und der Zen-Tempel der buddhisitischen Rinzai-Schule wurde als Ruhesitz für den Shôgun Ashikaga Yoshimasa im Jahre 1482 errichtet. Der sich im Jishô-ji befindliche Silberne Pavillon, der Ginkaku-ji, ist eigentlich die Halle der Kannon (kannon-den, 観音殿). Das Erdgeschoss des Silber Pavillons ist im japanischen Shinden-Stil erbaut und wird "Halle der Leere" (shinkû-den, 心空殿) genannt, während der 1. Stock im chinesischen Stil eines Chan-Tempels errichtet wurde und als "Halle des Wellenrauschens" (chôon-kaku, 潮音閣) bezeichnet wird.

In Vordergrund: Der "See des silbernen Strandes"
Im Hintergrund: Die "Mondansichtsplattform" und der
Ginkaku-ji, Silber Pavillon
Da es sich um einen Zen-Tempel handelt, fehlt der obligatorische Zen-Garten natürlich auch nicht - und im Falle des Ginkaku-jis bzw. Higashiyama Jishô-jis ist er besonders schön gelungen. 
  Der "See des silbernen Strandes" (gishadan, 銀沙灘) und die "Mondansichtsplattform" (kôgetsudai, 向月台) liegen zwischen dem Ginkaku-ji und der Haupthalle und dadurch entsteht ein schöner Kontrast zwischen den weißen Sandgärten und den in dunklen Farben gehaltenen Tempelgebäuden.

Der "See des silbernen Strandes" soll das Mondlicht reflektieren und die "Mondansichtsplattform" stellt einen stark stilisierten Sandhügel dar, auf den man sich setzt und auf den Mond, der über dem Berg Higashiyama aufgeht, wartet. Hypothetisch gesprochen natürlich. :P

Moosgarten im Higashiyama Jishô-ji
Der Silberne Pavillon im Higashiyama Jishô-ji ist auch Nationalschatz Japans und wurde 1994 von der UNESCO in das Weltkulturerbe Historisches Kyôto (Kyôto, Uji und Ôtsu) aufgenommen. 

Aussicht auf Kyôto vom Higashiyama Jishô-ji

Station #4: Philosophen Weg - 哲学の道
Stein vor dem Philosophen Weg
Der Philosophen Weg (tetsugaku no michi, 哲学の道) befindet sich im Bezirk Sakyô (左京区) und ist ein von Kirschbäumen gesäumter Fußweg entlang eines kleinen Kanals. Er kann vom Higashiyama Jishô-ji - besser bekannt unter Ginkaku-ji - aus begangen werden und an seinem Ende liegt der Tempel Nanzen-ji (南禅寺). 

Dieser Weg wurde zu Ehren des berühmten japanischen Philosophen Nishida Kitarô (西田 幾多郎, 1870-1945) "Philosophen Weg" genannt. Nishida war der Begründer der Kyôto-Schule genannten philosophischen Richtung im Japan der 1920er Jahre und der modernen japanischen Philosophie. 
  
Nishida soll angeblich jeden Tag die nun Philosophen Weg genannte Strecke für tägliche Meditationsübungen abgegangen sein. Es dauert nur 30 Minuten den 2 km langen Philosophen Weg abzugehen, aber nicht nur zu seinem Beginn und Ende gibt es Tempel zu besichtigen, sondern auch unterwegs bieten einige kleine, aber feine Tempel gelegentliche Abstecher zum Sighseeing, wie zB der Hônen-in (法然院), der Ôtoyo Jinja (大豊神社) und den Eikan-dô Zenrin-ji (永観堂禅林寺). 

Im Kimono am Philosophen Weg
Hônen-in (法然院)
Der Hônen-in ist ein buddhistischer Tempel der der Jôdo-shû (Schule des Reinen Landes) angehört und zu Beginn der Kamakura-Zeit (1185-1333) errichtet wurde. In der Haupthalle wird die Statue des sitzenden Amitabha (Buddha des Unermesslichen Lichtglanzes) verehrt und auch Statuen des Priesters Hônen, der die japanische Jôdo-Schule begründete, wird aufbewahrt. 

Moosbedecktes Eingangstor des Hônen-in
Im Hôjô (方丈)  befindet eine Malerei auf einem Fusuama von dem berühmten japanischen Kalligraphen Kanô Mitsunobu (狩野光信, 1608), welches als Wichtiges Kulturgut Japans (jûyô bunkazai, 重要文化財) registriert wurde.  

Blick auf den Garten des Hônen-in

Ôtoyo Jinja (大豊神社)
Auch der Ôtoyo Schrein liegt in der unmittelbare des Philosophen Weges und ist einen Abstecher Wert. In der Heian-Zeit, genauer gesagt im Jahr 887 n.Chr wurde der Ôtoyo Jinja errichtet und befand sich zunächst in Mitten des Tsubaki-ga-mine (椿ケ峰) genannten Berges, wurde jedoch in den Jahren der Kannin-Zeit (23. 4. 1017 - 2. 2. 1021) an seine heutige Stelle übersiedelt.
 
Mäuse im Ôtoya Jinja
Anstatt von den Löwenhunden (狛犬, gomainu) wird der Schrein von Mäusen (gomanezumi, 狛ねずみ), Krähen (gomatobi, 狛鳶) und Affen (gomasaru, 狛猿) bewacht.

Goma-Nezumi - die erste Beschützer-Maus
Goma-Nezumi - die zweite Beschützer-Maus

Station #5: Sushi - 寿司
Nachdem das vorläufige Tagesprogramm im Kimono abgeschlossen war, die Sonne sich bereits dem Untergang neigte und alle Tempel geschlossen waren, haben wir uns schnell umgezogen und sind dann in die Stadt Sushi essen gefahren. Es war ein für mich ungewöhnliches kleines Sushi-Lokal, welches von einem älteren Ehepaar betrieben wird und wirklich vorzüglich schmeckt. Das Sushi kommt weder von einem Laufband einer grauenvollen Fastfood-Sushi-Kette noch wird es auf Tellern serviert, sondern wird vom Meister geformt und auf die Theke gesetzt. XD 

Eingang zum Sushi-Lokal irgendwo in den kleinen, verzweigten Gassen Kyôtos Innenstadt :)
Geschmeckt hat der Fisch natürlich vorzüglich, dementsprechend schien auch der Preis zu sein, aber wir wurden eingeladen. ^^;

Sushi auf der Theke :)

Weitere Bilder des Tages:

Vor dem Higashiyama Jishô-ji
Ein Teil des Mittagessens - mit Blattgold XD
Mein Furisode (für einen Tag) :)
Vor dem Ôtoyo Jinja
Zurück zum Philosophen Weg
Zen-Garten im Higashiyama Jishô-ji/Ginkaku-ji
Seltener Anblick: Ein Löwenhund am Dach des Hônen-in
Kamelienblüte im Hônen-in
Ausstellung der Kostbarkeiten im Ôtoyo Jinja
Ausgestellter Sake im Ôtoyo Jinja
Ein Shiba Inu, der zu 99% meinem Shiba Inu ähnelt! :O
Sushi - jetzt krieg ich Hunger :/
Lustigerweise konnte man aber die Muscheln auf Wunsch grillen lassen :P
Irgendwo in den Straßen von Kyôtos geschäftigem Zentrum


Weiterführende Links:
Yasaka Jinja (Japanisch)
Ginkaku-ji - Rinzai-Schule Shokoku-ji (Japanisch)
Hônen-in - Offizielle Homepage (Japanisch)
Touristeninfo über den Ôtoyo Jinja (Japanisch)

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